Industriestrompreis 2026: 5-Cent-Mythos für den Mittelstand?
Veröffentlicht: 19. November 2025
Zuletzt aktualisiert: 24. November 2025
Ab 2026 soll ein Industriestrompreis von ca. 5 Cent/kWh kommen. Doch längst nicht jeder Mittelständler profitiert. Einordnung, Fakten & To-dos für produzierende Unternehmen.
Alle wichtigen Informationen finden Sie in in diesem Blogartikel oder in unserem Webinar am 11.12.2025, um 13:30 Uhr :
Trends 2026 - Industriestrompreis, Ladeinfrastruktur & Batteriespeicher: Was jetzt für Industriebetriebe wichtig ist
Am 13. November 2025 hat die Bundesregierung im Rahmen des Koalitionsausschusses beschlossen, ab dem Jahr 2026 für bestimmte stromintensive Unternehmen im internationalen Wettbewerb einen sogenannten „Industriestrompreis“ von etwa 5 Cent pro Kilowattstunde ins Spiel zu bringen.
Für wen gilt der 5-Cent-Strom?
Auch wenn in vielen Medien von einer flächendeckenden Entlastung gesprochen wird, kommt nach aktuellen Analysen und politischen Papieren der Industriestrompreis nur einem relativ kleinen Kreis zugute – Unternehmen, die derzeit unter Berücksichtigung von aktuellen Vergünstigungen einen Preis von durchschnittlich ca. 10 ct/kWh zahlen. Darunter fallen:
- „stromintensive Unternehmen im internationalen Wettbewerb“, etwa große Teile der chemischen Industrie, die Metallindustrie, Gummi- und Kunststoffverarbeitung, Glas- und Keramikherstellung, die Produktion von Zement, Batteriezellen und Halbleitern, ebenso wie Teile der Papierindustrie, des Maschinenbaus und der Rohstoffgewinnung.
- Weitere (Teil-) Sektoren könnten noch begünstigt werden, wenn sie die EU-Beihilfefähigkeitskriterien erfüllen. Dabei müssen die Sektoren auf Unionsebene eine Handels- und Stromintensität von jeweils mindestens 5% vorweisen und die Multiplikation der Handels- mit der Stromintensität muss mindestens 2% ergeben. Die Datenbasis muss durch einen unabhängigen Sachverständigen überprüft worden sein und sich auf mindestens die letzten drei Jahren beziehen, für die Daten vorliegen.
- Wir schätzen, dass somit ca. 1500 – 2000 Unternehmen in Deutschland von der Entlastung profitieren könnten.
Weite Teile des Mittelstands (Maschinenbau, klassische Automobil-Zulieferer etc.) liegen jedoch oft nur im unteren einstelligen Prozentbereich der Handels- und Stromintensität - und fallen damit nach vielen Experteneinschätzungen nicht automatisch in den Kreis der durch das Instrument Berechtigten.
Zudem wichtig: Der Industriestrompreis ist noch kein fertiges Gesetz, sondern ein politischer Beschluss, der:
- in Gesetzestexte gegossen werden muss und
- von der EU-Kommission nach dem neuen Beihilferahmen für den „Clean Industrial Deal“ (CISAF) genehmigt werden muss.
Bekannte Details zur Umsetzung: Drei Jahre, Reinvestitionspflicht, begrenzte Förderhöhe
- Befristung: eine Entlastung gibt es für maximal drei Jahre (2026–2028).
- Die Beihilfe darf im Durchschnitt über die drei Jahre höchstens 50 % des jährlichen Stromverbrauchs eines Unternehmens umfassen. Eine optionale degressive Fördermöglichkeit bezüglich der Strommengen soll ermöglicht werden.
- Die Beihilfe beträgt 50% des Vorjahres-Referenzpreises (EEX German Power Base Year Future) zum Abrechnungsjahr und wird nach dem Abrechnungsjahr nachträglich ausgezahlt.
- Gleichzeitig darf der ermäßigte Preis für den beihilfefähigen Verbrauch nicht unter 50 EUR/MWh liegen, ansonsten fällt die Entlastung geringer aus.
- Reinvestitionspflicht: Unternehmen müssen mindestens 50 % der Förderung in Dekarbonisierung investieren (Effizienz, Elektrifizierung, Eigenerzeugung etc.).
- Ein Flexibilitätsbonus von weiteren 10% soll für nachgewiesene Maßnahmen zur Erhöhung der Nachfrageflexibilität möglich sein.
- Die Förderung ist nicht mit der Strompreiskompensation zum Ausgleich von CO2-Kosten kumulierbar, jedoch besteht für jedes Jahr ein Wahlrecht bezüglich der Beihilfe.
- Adressatenkreis: Fokus auf wenige, stark strom- und handelsintensive Branchen mit hohem Carbon-Leakage-Risiko.
Für den Mittelstand bedeutet der neue Industriestrompreis also nicht automatisch einen Strompreis von 5 Cent/kWh ab 2026 – vielmehr handelt es sich um eine gezielte Entlastungsmaßnahme für bestimmte, oft große Energieverbraucher.
Auch wenn ein Großteil des verarbeitenden Gewerbes nicht unter die neuen Entlastungen fallen wird, stellen die Energiekosten mehr denn je einen Wettbewerbsfaktor da, wenn gleichzeitig Löhne, Rohstoffe und CO2-Preise steigen.
Gerade für energieintensive KMU, die nicht in die eng definierten Beihilfekategorien fallen, bleibt Energie ein strategisches Steuerungsfeld.
Wenn Sie wissen möchten, wie Sie mit dem Energiemonitoring- und CO2-Managementsystem von Enit Ihren Strompreis strukturieren, Kostenbestandteile identifizieren und gezielt entlastende Maßnahmen ableiten und umsetzten, sprechen Sie uns gern an.
Was sollten mittelständische Produktionsbetriebe jetzt konkret tun?
Stromrechnung 2026 aktiv verhandeln
- Lieferverträge prüfen: Werden Netzentgelt- und Steuerentlastungen 1:1 weitergegeben?
- Ausschreibungen / Vertragsverlängerungen nutzen, um neue Preisniveaus & Produkte (z. B. dynamische Tarife, Tranchenmodelle) einzupreisen.
- perspektivisch PPAs mit erneuerbaren Erzeugern
Transparenz schaffen: Energiemonitoring & Lastspitzen
- Lastgänge auswerten (15-Minuten-Profile, Lastspitzen, Standby-Verbräuche).
- Große Verbraucher (Öfen, Druckluft, Kühlung, E-Ladeinfrastruktur) separat messen und bewerten.
Nachfrage-Flexibilität aufbauen: Lastmanagement & Eigenversorgung
- Prüfen, welche Lasten verschiebbar sind (z. B. Kühlhäuser, Speichertrockner, E-Flotte, Speicher).
- Lastmanagementsysteme einsetzen, um Lastspitzen zu kappen und flexible Verbraucher an Preis- und Netzsignale zu koppeln.
- Optionen für Eigenstrom: PV, Speicher
Dekarbonisierungspfad vorbereiten
- Regulatorik (CSRD) und Kundenforderungen erhöhen den Druck, CO2-Emissionen transparent zu machen und zu senken. Eine optimierte Produkt-CO2-Bilanz (PCF) beispielsweise kann im Wettbewerb den entscheidenden Vorteil bringen.
- Investitionen in Effizienz, Prozesswärme-Elektrifizierung, Abwärmenutzung, Eigenstrom rechnen sich umso besser, je mehr Strom- und CO2-Preise steigen.
Trends 2026 - Industriestrompreis, Ladeinfrastruktur & Batteriespeicher: Was jetzt für Industriebetriebe wichtig ist
Was sich also festhalten lässt
Der Industriestrompreis 2026 ist kein 5-Cent-Geschenk für den gesamten Mittelstand, sondern ein begrenztes Kriseninstrument für wenige tausend strom- und handelsintensive Unternehmen – befristet, investitionsgebunden und EU-rechtlich eingehegt. Für den Rest, also für den Großteil der mittelständischen Produktionsbetriebe, zählt 2026 vor allem:
- Netzentgelt-Entlastung,
- dauerhaft niedrigere Stromsteuer,
- und vor allem das, was im eigenen Werk passiert: Lastprofil, Effizienz, Flexibilität und Dekarbonisierung.
Schon die ersten beiden hier genannten Punkte führen in ihrer Kombination zu einer Entlastung von 2-4 ct/kWh. Welche Einsparpotenziale Sie in Ihrem Betrieb mithilfe eines intelligenten Energie- und Lastmanagements haben (konkret: wie viele Tausende Euro Sie jedes Jahr einsparen können), besprechen wir sehr gern mit Ihnen in einem persönlichen, unverbindlichen Gespräch.
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FAQs zum Industriestrompreis 2026
Fragen, die sich viele Mittelständler stellen-
Es gibt einen politischen Beschluss der Koalition, aber Gesetze und EU-Genehmigung stehen noch aus. Stand heute ist die Einführung zum 01.01.2026 das Ziel, aber wie der Industriestrompreis in der Praxis umgesetzt werden soll, ist derzeit noch nicht abschließend mit der EU-Kommission geklärt.
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Nein. Der Industriestrompreis richtet sich an einen eng definierten Kreis strom- und handelsintensiver Unternehmen im internationalen Wettbewerb. Die meisten Mittelständler profitieren eher von Netzentgelt- und Steuerentlastung, nicht vom 5-Cent-Tarif selbst.
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Gerade jetzt! Die Entlastungen senken zwar das Preisniveau etwas, aber: Strom bleibt im internationalen Vergleich relativ teuer und volatil. In der Verbrauchsgruppe von 2-20 GWh/a bezahlen deutsche Unternehmen im ersten Halbjahr 2025 im Schnitt 19,3 ct/kWh während der EU-Schnitt bei 16,4 ct/kWh lag. Durch die temporäre Netzentgeltreduktion für 2026 und die Reduktion der Stromsteuer nähert sich der produzierende Mittelstand dem EU-Durchschnitt an. Strom bleibt jedoch auf absehbare Zeit ein Kostenfaktor, denn der Investitionsbedarf zur europäischen Energie-System-Transformation ist riesig. Zudem ist ein Energiemanagement nach ISO 50.001 Voraussetzung für die Befreiungen.
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Nach heutigem Stand von 2026 bis 2028 – länger erlaubt es der EU-Beihilferahmen CISAF nicht.
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Ja, Unternehmen müssen voraussichtlich mindestens 50 % der Förderung in Dekarbonisierungsmaßnahmen reinvestieren (Effizienz, Elektrifizierung, Eigenerzeugung, Energiespeicher, Flexibiltätsmaßnahmen, etc.). Der genaue Prüfmechanismus ist noch unklar, aber politisch gesetzt.
Quellen
1 Website der Bundesregierung, aufgerufen am 19.11.25 https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/senkung-energiepreise-haushalt-2358526
2 Handelsblatt Website (unter Agentur-Meldungen), aufgerufen am 19.11.25 https://www.handelsblatt.com/dpa/industrie-entlastung-reiche-kuendigt-industriestrompreis-ab-2026-an/100170883.html
3 Website der ZEIT ONLINE GmbH, aufgerufen am 19.11.25 https://www.zeit.de/politik/deutschland/2025-11/industriestrompreis-koalitionsausschuss-bundesregierung-ticketsteuer
4 Website der Science Media Center Germany gGmbH, aufgerufen am 19.11.25 https://www.sciencemediacenter.de/angebote/was-ist-vom-geplanten-industriestrompreis-zu-erwarten-25211
5 Website der ISPEX AG, aufgerufen am 19.11.25 Industriestrompreis: Einführung ab 01.01.2026 angekündigt - ISPEX
6 Website "Gesetze im Internet", herausgegeben von Bundesrepublik Deutschland,
vertreten durch die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, aufgerufen am 19.11.25 https://www.gesetze-im-internet.de/enfg/anlage_2.html
7 Entwurf zum Industriestrompreis - BMWE, zuletzt aufgerufen am 24.11.25 251107_bmwe_entwurf_eckpunkte_industriestrompreis.pdf
8 Merkblatt zum Energiekostendämpfungsprogramm - Download: (zuletzt aufgerufen am 24.11.25) https://www.bafa.de/SharedDocs/Downloads/DE/Energie/ekdp_merkblatt.pdf?__blob=publicationFile&v=7
9 Mitteilung der Europäischen Kommission: Rahmen für staatliche Beihilfen zur Unterstützung des Deals für eine saubere Industrie
(Beihilferahmen für den Deal für eine saubere Industrie) - Brüssel, den 25.6.2025, aufgerufen am 24.11.25 CISAF_de.pdf