07.11.2022 | Unternehmen Projekttreffen FlexGUIde - Ein Projekt zur Digitalisierung der Energiesysteme mittelständischer Unternehmen

Begrüßung im experience Center bei Objektmöbel Hiller GmbH  

Am 17. Mai 2022 fand unser erstes „live-Treffen“ bei einem unserer Konsortialpartner Hiller Objektmöbel statt.  
Uns erwartete zuallererst ein tolles Ambiente, geprägt von dem experience Center Gebäude unseres Gastgebers. 
Mehr Informationen zu unserem Forschungsprojekt FlexGUIde finden Sie übrigens hier.

Unser Anwendungspartner Objektmöbel Hiller GmbH produziert Objektmöbel für gesamte Wirtschafts- und Industriepaletten. Von der Stuhl- und Tischausstattung von Hotels, Lehrsälen und Theatern bis hin zu Einrichtungsmöbeln für Careeinrichtungen, wie Seniorenresidenzen und Krankenhäuser. Das Besondere der Unternehmensgruppe sind die handverarbeiteten Möbelstücke, welche vom Design, über die verschiedenen Produktionsschritte bis hin zur eigenen Logistik in den Gebäuden und Hallen vor Ort, durch jeden Produktionsschritt begleitet und verarbeitet werden.  
Das gesamte Team des Projektes besteht aus einer bunten und kompetenzstarken Mischung aus Forschungs- und Anwendungspartnern. 
Diese sind:  
MVV, Fraunhofer IPA, Universität Stuttgart EEP, Hochschule Offenburg, Merantix Momentum, Hiller Objektmöbel GmbH, Rheinspan GmbH & Co. KG, mech-tron GmbH, ENIT Energy IT Systems GmbH  

 

Auftakt und Vorstellung der Objektmöbel Hiller GmbH

Herr Gut eröffnete den Tag und berichtete über seine Unternehmensgruppe und deren Produktionsschritte inklusive deren Energieverbräuche.  
Als expandierendes Produktionsunternehmen mit vielen detailreichen und aufwandsintensiven Arbeitsschritten in Fertigung und Logistik, verbraucht das Unternehmen bis zu 900 MWh pro Jahr. Eine Zahl, die für Herrn Gut und das ganze Konsortium von hoher Bedeutung ist. Eine Zahl, die viel Einsparpotential mit sich bringt. Die gesamte Expertise des Projektteams wird sich während des fortlaufenden Projektes auf Lösungsansätze fokussieren, welche unter anderem Herrn Gut bzw. Industriebetrieben im Allgemeinen ermöglicht, ihre Energiekosten zu senken.  

 

Projektteil I – Wie können Produktionsketten kurz- und langfristig aufgestellt werden, um den Energieverbrauch zu senken?

Im ersten Teil der Projektbesprechung erklären unsere Anwendungspartner Herr Gut, Herr Dahlem (Firma Rheinspan) und Herr Schwarzfischer (Firma mech-tron) ihre konkreten Herausforderungen im eigenen Produktionsgeschehen. 
Wie können Anlagen und Maschinen effizient genutzt oder pausiert werden, um Lastspitzen zu vermeiden und Emissionen niedrig zu halten, damit die Energie kosten- und energieeffizient eingesetzt werden kann?  
Die Forschungspartnern können anhand solcher Use-Cases gezielte nach Lösungen forschen. Auffallend ähnliche Herausforderungen sahen die Anwendungspartner in kostspieligen Lastspitzen.

Herr Schneider (Hiller Objektmöbel): „Unser Holzhacker sollte „warten“ können, um den durchgängigen Energieverbrauch zu drosseln und effizient zu nutzen. Auch unsere Stuhlschweißmaschine verursacht enorme Peaks. Hier muss eine Lastspitzenvermeidung uns Abhilfe schaffen, indem wir eine durchdachte Maschinensteuerung anstreben.“
Herr Schwarzfisch (mech-tron): „Eine optimale Energieverteilung und Nutzung erfordert in unserem Betrieb eine artikelspezifische Planung.  Eine mögliche Lösung für uns wäre, die Verschiebung der Produktionszeiten, so dass die Prozesse fließend und ohne Energieschwankungen ineinander übergreifen.“  

Alle Anwendungspartner waren sich einig, dass Zeitfenster unbedingt beachtet werden müssen, wann das Stromnetz belastet werden kann. Daraus entstehen nachhaltige Spareffekte. Je nach Standort und Jahreszeit gibt es verschiedene Konditionen, die das Konsortium mithilfe der Stromdaten analysiert.

 

Schwerpunkte der Projektpartner – Welche Ziele verfolgt FlexGUIde für die Industrie  

Alle Teams des Konsortiums haben sich auf verschiedene Aufgabenfelder des Forschungsprojektes fokussiert. Die folgende Aufzählung ist nur ein Ausschnitt des gesamten Expertenspektrums: 

  • CO2 Abdruck Analyse und Bewertung  
  • Anomalie-Detektion (ungewöhnliche Ausschläge erkennen, um den Stromverbrauch erheblich senken zu können)
  • Last- und Flexibilitätsprognosen
  • KI für Energiesysteme  
  • Drahtlose Sensoranbindung, um Umgebungsumstände wie Luftzüge messen und analysieren zu können  

 

Werksbesichtigung bei Hiller Objektmöbel

„Learning by watching“ hieß es für unsere Projektgruppe. Herr Gut führte das FlexGUIde Team über das gesamte Werksgelände. Der Fokus der Führung lag auf den verschiedenen Produktionshallen inklusive der Arbeitsschritte der MitarbeiterInnen, dem Trafohaus und der Verteiler auf dem gesamten Gelände. Während der Führung stellten die Forschungspartner gezielte und konkrete Fragen, welche die Herausforderungen eines Produktionsbetriebes beinhalteten, um somit wichtige Erkenntnisse in die Forschungsarbeit miteinfließen zu lassen. Das Begehen des Werksgeländes spielte deshalb für alle Partner eine sehr wichtige Rolle, da hierbei die Mensch-Maschinen-Beziehung, und dessen Herausforderung in der Umsetzung energieeffizienter Prozessoptimierungen nochmals klarer wurde und die Umsetzungsmöglichkeiten innerhalb der Produktionshallen deutlich „fassbarer“ wurden, als wenn nur Kennzahlen auf einem Monitor analysiert werden.

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Projekttag Teil II – Fachgespräch mit Industriebetrieben aus der Umgebung  

„Welche Chancen und Risiken ergeben sich für Industriebetriebe aus der Energiewende?“ 
Der zweite Teil des Projekttages erfolgte in offener Runde mit eingeladenen GeschäftsführerInnen und UnternehmensvertreterInnen aus der Umgebung rund um Freiburg und Kippenheim. 
Der „Wunsch“ eine CO2-Bilanzierung anzustreben oder Energiedaten anhand von Monitoringsystemen zu erfassen ist bei den meisten Industriebetrieben aus dem Mittelstand von hoher Bedeutung. Nicht zuletzt die geopolitische Lage im Osten Europas forciert die Auseinandersetzung mit dem Thema Energiebeziehung und Reduzierung. Auch staatliche und rechtliche Regularien fordern die Entscheidungsträger der Betriebe dazu auf, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren und langfristig auf erneuerbare Energien für die zukünftige Energiegewinnung zu setzen.  
Unser Geschäftsführer Herr Benoit erklärte anhand der ENIT agent Software und den aktuellen Daten des Gastgebers den Lastverlauf und Interpretationsresultate, um die Energiekosten des Betriebes einzusparen. Die Gäste bekamen dadurch einen direkten Einblick in die Software und erkannten gleichzeitig anhand eines ähnlichen Unternehmensportfolios Parallelen, um für sich Umsetzungspotentiale zu definieren.  
Herr Schneider (Hiller Objektmöbel): „Durch den ENIT agent wurde erkannt, dass ein Mitarbeiter die Lüftung vergessen hatte auszuschalten. Durch die stetige Überwachung der Daten, können wir genau solche Anomalien ausfindig machen und passende Maßnahmen entwickeln.“  
Darüber hinaus berichteten Herr Gut und Herr Schneider von enormen Erfolgserlebnissen hinsichtlich der Energieeinsparung, nachdem Sie den Einfluss der Beleuchtungstechnik auf die Grundlast festgestellt und die Beleuchtung des Unternehmens auf LED-Technologie umgestellt hatten. 
Herr Schneider: „Uns wurde durch die Erfassung und Messbarkeit der Energiedaten erstmals bewusst, wie stark wir unsere Energiekosten durch kleine Eingriffe wie das Abstellen der Außenbeleuchtung, beeinflussen können. Die Messbarkeit durch den ENIT agent macht dies sichtbar und dadurch spürbar. Da macht Energiemanagement wirklich Spaß, wenn man sieht was man für Erfolge erzielt.“  

Wo fängt CO2-Bilanzierung an und wo hört sie auf?  

Eines der Hauptthemen, welches die UnternehmerInnen stark beschäftigt ist die CO2-Bilanzierung.  
Herr Gut:  “Wo fängt die CO2-Bilanzierung an und wo hört sie auf?”  
Neben entstehenden Emissionen durch die Produktion, werden bei der Bilanzierung detaillierte und weitreichende Vor- und Nachbearbeitungsprozesse mit einberechnet. Hierbei wird von sogenannten Scopes gesprochen, die vorgelagerte und nachgelagerte Emissionen, von der Anfahrt der MitarbeiterInnen bis hin zu den Transporten der fertigen Produkte, beinhalten. Ausführliche Informationen, finden Sie unter CO2-Bilanzierung.      

 

Austausch des Konsortiums mit GeschäftsführerInnen und VertreterInnen aus Industriebetrieben

Zum Abschluss folgte eine Paneldiskussion. Die Konsortialpartner aus den Anwendungsbereichen erläuterten den interessierten externen Gästen Ihre Benefits, welche sie aus dem FlexGUIde Projekt für sich generieren können und an welchen Stellen das Energiemonitoring ihnen zu einer besseren Energieeffizienz und zur Reduzierung ihrer Energiekosten verhilft. Begriffe wie Spotmarktpreise (Energiepreise für den folgenden Tag), Produktionsmanagement und noch weitere kursierten in der Runde.  

Folgende Frage beantwortete uns abschließende Herr Gut:  
“Sie beschäftigen sich mithilfe der Forschungsprojekte Gain, FlexGUIde und dem Monitoring mithilfe des ENIT Agents schon einige Jahre mit dem Themen Energiemonitoring, CO2 Bilanzierung und Lastspitzenmanagement. Was würden Sie GeschäftsführerInnen, EnergiemanagerInnen oder Umweltbeauftragen raten, wie und warum sie Energiemanagement zur Unternehmenssache machen sollten?” 

 

Herr Gut: “Wir selbst haben uns vor einigen Jahren erst mit dem Thema Energiemanagement auseinandergesetzt. Für uns war es immer selbstverständlich, dass unsere Stromrechnung hoch ist, Strompreise exponentiell wachsen und somit eben auch die Kosten immer teurer werden. Das haben wir so hingenommen. Irgendwann jedoch sind wir der Sache auf den Grund gegangen, da die Stromkosten einen doch hohen Prozentsatz unserer Gesamtausgaben einnahmen. Durch die Messkonzepterstellung mit unserem Partner ENIT haben wir angefangen zu verstehen, wie unser Verbrauch und die Energieflüsse funktionieren. Bereits ab dem ersten Tag nach der Implementierung konnten wir messbar festhalten, welche Maschinen wie viel Strom verbrauchen und welche Standorte Einfluss auf Lastspitzen etc. nehmen. So konnten wir anfangen erfolgreiche Maßnahmen zur Stromreduzierung umzusetzen und ein direktes Ergebnis uns vor Augen zu führen. Gerade in der heutigen Lage rate ich allen GeschäftsführerInnen sich kompetente und informationsintensive Beratung an die Seite zu holen, da wirklich viele Kosten gespart werden können und natürlich auch der Umweltaspekt an Bedeutung gewinnt. Der Start mit einem detaillierten Messkonzept ist dafür geeignet, um den Betrieb aufzuarbeiten und Stromflüsse verstehen zu können, um daraus dann wieder Konzepte zur Reduzierung der Last, der Emissionen und der Kosten zu entwickeln.“

Nach einem intensiven Austausch zwischen den Forschungspartnern und Industriebetrieben, erzählte uns Herr Dahlem von Rheinspan noch eine für alle Beteiligten motivierende Geschichte aus seinem Betrieb.

Herr Dahlem: “Wir waren an einem Tag komplett lahmgelegt, da der Strom nicht mehr in unser Netzwerk eingespeist wurde. Auf unserer Stromrechnung einige Wochen später wurden uns trotz komplettem Stromausfall 7.000 kWh berechnet. Dank unseres ENIT agents konnte ich diese Zahl überprüfen und stellte fest, dass wir an diesem Tag tatsächlich 0,0 kWh Strom verbraucht hatten. Ich hatte die Zahl also Schwarz auf Weiß, was nach Einreichung bei der zuständigen Behörde dazu führte, dass wir 70.000 EURO sparen konnten. Was für eine tolle Sache für uns!”  

Der Tag endete mit Häppchen und Aperol. Wir tauschten uns mit dem Konsortium und den externen Gästen über die Inhalte des Tages nochmals aus und schlossen den Tag mit vielen neuen Erkenntnissen und neuen Plänen für die kommenden Projekttage bei mech-tron und Rheinspan ab.

Wir bedanken uns für den erfolgreichen Tag und die Zusammenarbeit, die live und in Farbe einfach am meisten Freude macht.