Optimierung der Netzentgelte durch effizientes Lastmanagement

    Wie erkenne ich, ob mein Unternehmen zu viel für Netzentgelte bezahlt?

    In der modernen Wirtschaftswelt, wo jedes Unternehmen nach Wegen sucht, Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern, spielt das Management der Energiekosten eine entscheidende Rolle. Ein wesentlicher Faktor, der die Energiekosten beeinflusst, ist das Konzept der Spitzenlast im Zusammenhang mit den Netzentgelten. Unternehmen und Industriebetriebe, die jährlich mehr als 100.000 kWh Strom verbrauchen, sehen sich oft mit hohen Kosten konfrontiert, die nicht nur auf den Verbrauch der Energiemenge (kWh) zurückzuführen sind, sondern auch auf die größte Lastspitze (kW), die während des Jahres gemessen wird. 

    Was ist eine Lastspitze?

    Die Lastspitzen, welche die mittlere Leistungsentnahme innerhalb von 15 Minuten darstellen (siehe Abbildung 1), werden vom Netzbetreiber besonders berücksichtigt und haben einen direkten Einfluss auf die Höhe der Netzentgelte.

    Ein kritischer Aspekt, der oft zu unnötig hohen Netzentgelten führt, ist das Phänomen, dass durch punktuell hohen Verbrauch in nur wenigen Viertelstunden im Jahr eine deutlich höhere Lastspitze anfällt. Solche Situationen können besonders kostspielig werden, da sie die Energiekosten in die Höhe treiben, ohne dass ein kontinuierlich hoher Verbrauch vorliegt. 

    Die Herausforderung für viele Unternehmen besteht darin, zu erkennen, ob sie tatsächlich zu viel Netzentgelte bezahlen und ob es Möglichkeiten gibt, diese Kosten durch effizientes Spitzenlastmanagement und gezielte Eingriffe im Lastmanagement zu optimieren. 

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    Abb. 1: Bildung des Durchschnittwertes pro 15 Min Intervall

    Ein Lastmanagementsystem, das auf der Messung des Lastgangs basiert, ermöglicht es, den Energieverbrauch so zu steuern, dass die Spitzenlasten reduziert werden. Dies kann durch technische Lösungen wie Lastabwurf oder durch organisatorische Maßnahmen zur besseren Verteilung des Verbrauchs erreicht werden. Der Einsatz von Spitzenlastmanagement und Lastspitzenkappung ("Peak shaving") ist dabei ein entscheidender Schritt zur Optimierung der Energiekosten und zur Vermeidung  zu hoher Lastspitzen. 

    Zu erst stellt sich häufig die Frage ob überhaupt Potenzial zur Reduzierung der Lastspitze und damit der Netzentgelte in Unternehmen vorhanden ist. Dafür gibt es zwei einfache Methoden, welche folgend beschrieben werden.

    Wie lässt sich denn herausfinden, ob zu viel für Netzentgelte bezahlt wird?

    Für Energiemanager stellt sich oft die Frage: "Bezahle ich zu viel für die Lastspitze?". Es gibt zwei einfache Methoden, um sich der Beantwortung anzunähern.

    1. Berechnung mit Hilfe der Stromrechnung

    Um diese Fragen zu beantworten, ist ein erster Blick auf die Stromrechnung und insbesondere auf die Jahresbenutzungsdauer aufschlussreich. Die Jahresbenutzungsdauer gibt an, über wie viele Stunden sich der Jahresverbrauch erstreckt, wenn durchgängig die Spitzenlast anliegen würde und dient somit als wichtiger Indikator für das Potenzial von Lastmanagementmaßnahmen. Die Jahresbenutzungsdauer ergibt sich aus dem Verhältnis von Jahresarbeit (in kWh) zur jährlichen Spitzenlast (in kW). Theoretisch entspräche ein durchgehend konstanter Verbrauch einer Jahresbenutzungsdauer von 8.760 Stunden (365 Tage mal 24 Stunden). Eine niedrige Jahresbenutzungsdauer deutet darauf hin, dass die Nutzung eines Lastmanagementsystems zur Reduzierung der Spitzenlast und damit zur Senkung der Energiekosten vorteilhaft sein könnte.

    2. Analyse mit Hilfe der Jahresdauerlinie

    Neben der Analyse der Stromrechnung bietet auch ein Blick in ein Energiemanagementsystem wertvolle Einsichten. Die Jahresdauerlinie (Abbildung 2), die die die Leistungsbezüge eines Jahres absteigend sortiert visualisiert, kann zeigen, wie oft und in welchem Ausmaß Spitzenlasten auftreten.

    Je spitzer die Jahresdauerlinie auf der linken Seite zuläuft, desto effektiver können Maßnahmen zum Spitzenlastmanagement bewertet werden.

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    Abb. 2: Jahresdauerlinie in der ENIT agent Software

    Die Entscheidung für ein Lastmanagementsystem und Maßnahmen zum Peak Shaving sollten auf einer fundierten Analyse der eigenen Energieverbrauchsmuster basieren. Die Jahresbenutzungsdauer und die Jahresdauerlinie liefern dabei entscheidende Indikatoren, die Unternehmen dabei unterstützen, ihren Energieverbrauch effizienter zu gestalten und die Kosten für Netzentgelte zu optimieren. Indem Unternehmen aktives Spitzenlastmanagement betreiben und Lastspitzen vermeiden, können sie einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung ihrer Energiekosten und zur Stabilisierung des Stromnetzes leisten.

    Praxisbeispiele für Spitzenlastmanagement 

    Folgend finden Sie drei praxisnahe und bereits umgesetzte Beispiele des Lastmanagements zur Reduzierung der Spitzenlast:

    1. Ladelastmanagement zur Vermeidung von Netzausbau 
    2. Spezialisiertes Lastmanagement für atypische Netznutzung
    3. Lastmanagement mit innerbetrieblichen Lasten (An-Aus Verbrauchern)

    Lastmanagement mit ENIT act

    Der ENIT act zeichnet sich durch seine Flexibilität und Intelligenz in der Steuerung verschiedener Energieverbraucher aus, was ihn für eine Vielzahl von Anwendungsfällen qualifiziert. Mit dem ENIT act konnten unsere Kunden durch den kreativen und zielgerichteten Einsatz bereits signifikante Verbesserungen in folgenden Bereichen erzielen:

    • Optimierung von Ladesäulen: Der ENIT act ermöglicht eine intelligente Steuerung von Ladevorgängen für Elektrofahrzeuge, indem er eine Priorisierung der Ladevorgänge basierend auf dem tatsächlichen Bedarf und der Netzlast durchführt. Dies hilft, Lastspitzen zu vermeiden und die Notwendigkeit eines Netzausbaus zu reduzieren.  
    • Lastabwurf mit Heizstäben: In Situationen, wo Unternehmen gezielt Lastspitzen reduzieren möchten, kann der ENIT act dazu beitragen, den Betrieb von Heizstäben intelligent zu steuern. Durch die dynamische Anpassung des Betriebs an die aktuelle Netzlast und Energiepreise können erhebliche Kosteneinsparungen erzielt werden. 
    • Atypische Netznutzung: Für Betriebe, deren Lastbezug sich nahe an der in §16 Abs. 2 StromNEV definierten atypischen Netznutzung bewegt, bietet der ENIT act eine Lösung durch die effiziente Steuerung und Optimierung des Energieverbrauchs innerhalb der Hochlastzeitfenster. Dies kann durch die Anpassung der Betriebszeiten von energieintensiven Prozessen an die Netzlastsituation erreicht werden. Lastgänge, die den Grenzwert der atypischen Netznutzung überschreiten, können so vermieden werden. 

    Ausblick auf erweiterte Lastmanagementstrategien 

    Innovative Lastmanagementlösungen für zukunftsorientierte Unternehmen 

    Das Spektrum des Lastmanagements erweitert sich kontinuierlich, indem es fortschrittliche Prognosetechnologien für Verbrauch, Strompreise und die Einspeisung erneuerbarer Energien nutzt. Diese Entwicklungen ermöglichen einen noch präziseren und optimierten Betriebsablauf in verschiedenen Bereichen: 

    • Eigenverbrauchsoptimierung: Intelligente Steuerungssysteme maximieren den Eigenverbrauch von selbst erzeugtem Strom. Diese Technologien nutzen Prognosedaten, um den Einsatz von erneuerbaren Energien und Speichersystemen so zu koordinieren, dass der selbst produzierte Strom möglichst vollständig direkt vor Ort verbraucht wird. Dies führt zu einer deutlichen Reduzierung der Energiekosten und steigert die Energieunabhängigkeit. 
    • Batteriemanagement: Die Integration und optimale Steuerung von Batteriespeichersystemen ermöglichten nicht nur eine effiziente Nutzung überschüssiger Energie, sondern auch die Stabilisierung des Gesamtnetzes. Durch die Berücksichtigung von Energiepreisprognosen und der Verfügbarkeit erneuerbarer Energien können Batteriesysteme so gesteuert werden, dass sie Energie in Zeiten geringer Kosten speichern und bei hoher Nachfrage wieder abgeben, was die Energiekosten weiter senkt. 
    • Steuerung von Blockheizkraftwerken (BHKWs) und anderen dezentralen Energieerzeugungsanlagen: Diese Systeme bieten durch ihre Flexibilität zusätzliche Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung. Die Kombination aus Prognosedaten und intelligenter Steuerung ermöglicht es, BHKWs und andere Anlagen genau dann zu betreiben, wenn sie am meisten benötigt werden oder wenn die Energiekosten am niedrigsten sind. 

    Die Zukunft des Lastmanagements: Integration und Innovation 

    Die Zukunft des Lastmanagements wird maßgeblich durch die Integration innovativer Ansätze im Bereich des Batteriemanagements, der Nutzung erneuerbarer Energien sowie der intelligenten Steuerung dezentraler Energieerzeugungsanlagen geprägt sein. Der Schlüssel zu einer nachhaltigen und kosteneffizienten Energiestrategie liegt in der Fähigkeit, diese Systeme nicht nur isoliert zu optimieren, sondern sie in ein umfassendes Energiemanagementkonzept zu integrieren. 

    Diese fortgeschrittenen Strategien im Spitzenlastmanagement, Peak Shaving und Lastabwurf, angereichert mit den neuesten Technologien und Prognosemethoden, bahnen den Weg für eine effiziente, nachhaltige und wirtschaftlich vorteilhafte Energiezukunft in Unternehmen. Diese innovativen Ansätze zeigen, dass Lastmanagement weit über einfache Kosteneinsparungen hinausgeht und das Potenzial hat, die Art und Weise, wie Unternehmen Energie erzeugen, speichern, teilen und nutzen, grundlegend zu verändern.